Heutiges Bauen bedeutet, nachhaltig zu denken und ungenutzte Potenziale zu erkennen. Gerade das Hausdach bietet hier eine enorme Chance. Mit einer extensiven Dachbegrünung lässt sich diese Fläche in ein ökologisches Kleinod verwandeln. Dabei entsteht eine pflegeleichte und robuste Vegetationsschicht, die das Gebäude kühlt, Regenwasser speichert und die Dachkonstruktion wirksam schützt. Es ist eine Investition, die den Wert des Hauses steigert und gleichzeitig einen aktiven Beitrag für die Umwelt leistet.
In diesem Artikel wird gezeigt, wie dieser Aufbau funktioniert und welche Kosten und Vorteile damit verbunden sind.
Was genau ist eine extensive Dachbegrünung?
Die extensive Dachbegrünung ist eine naturnahe Form der Begrünung auf einem Dach. Sie hat eine geringe Aufbauhöhe und ist darauf ausgelegt, sich weitgehend selbst zu erhalten. Der entscheidende Unterschied zur intensiven Variante, dem klassischen Dachgarten, liegt im deutlich geringeren Pflegeaufwand und der leichteren Gesamtkonstruktion.
Dank dieser Eigenschaften eignet sich die extensive Grünfläche für eine Vielzahl von Dächern. Neben dem klassischen Flachdach auf Garagen, Carports oder Bungalows kann eine extensive Begrünung auch auf Schrägdächern mit einer Neigung von bis zu 45 Grad umgesetzt werden, wobei dann zusätzliche Maßnahmen zur Abrutschsicherung nötig werden.
Wichtigste Voraussetzung für jede Begrünung von Dachflächen ist eine ausreichende Traglast der Dachkonstruktion, die das zusätzliche Gewicht inklusive Regenlast aufnehmen kann.
Die dafür verwendete Vegetation ist besonders widerstandsfähig. Zum Einsatz kommen vor allem spezialisierte Pflanzen wie Sedum-Arten (Mauerpfeffer), Moose und ausgewählte Kräuter. Sie sind perfekt an die oft extremen Standortbedingungen auf einem Dach angepasst und trotzen problemlos starker Sonne, kräftigem Wind und längeren Phasen der Trockenheit.
Die Nutzung einer solchen Fläche fokussiert sich daher primär auf die ökologischen Vorteile und den Schutz des Gebäudes und ist in der Regel nicht zur aktiven Begehung gedacht.
Die Vorteile: Wie Haus und Umwelt profitieren
Die Entscheidung für ein Gründach ist mehr als eine rein optische Aufwertung. Die Vorteile sind vielfältig und wirken sich positiv auf das Gebäude, die Bewohner und die direkte Umgebung aus.
- Natürliche Klimaanlage und Dämmschicht: Die Begrünung schützt im Sommer effektiv vor der Überhitzung von Innenräumen und wirkt im Winter als zusätzliche Dämmschicht. Das verbessert das Raumklima und kann Energiekosten senken, da die eigentliche Klimaanlage weniger leisten muss.
- Effektives Regenwassermanagement: Die Schichten der Begrünung nehmen einen Großteil des Niederschlags auf und geben das Wasser als natürlicher Zwischenspeicher zeitverzögert wieder an die Luft ab. Das entlastet die Kanalisation bei Starkregen und sorgt durch Verdunstungskühlung für ein angenehmeres Mikroklima.
- Verlängerte Lebensdauer des Dachs: Der Aufbau schützt die Dachabdichtung vor UV-Strahlung, Hagel und extremen Temperaturschwankungen. Dies kann die Lebensdauer der Dachhaut nachweislich verlängern.
- Förderung der Artenvielfalt: Ein Gründach schafft neuen Lebensraum für Insekten wie Bienen und Schmetterlinge sowie für Vögel. Es gibt der Natur ein Stück urbanen Raum zurück und leistet einen wertvollen Beitrag zur Biodiversität.
- Verbesserter Schallschutz: Der mehrschichtige Dachaufbau der Begrünung reduziert die Lärmbelastung von außen, beispielsweise durch Verkehr oder prasselnden Regen.
- Anrechnung als Ausgleichsfläche: In vielen Gemeinden können Dachbegrünungen als ökologische Ausgleichsflächen angerechnet werden. Dies ist vor allem für Neubauprojekte ein wichtiger finanzieller und administrativer Vorteil.
Damit diese Vorteile für Haus, Mensch und Umwelt genutzt werden können, ist es aber entscheidend, dass der Aufbau korrekt durchgeführt wird. Fehler, wie eine falsche Abdichtung, können in Kombination mit Umwelteinflüssen wie stehendem Wasser auf einem Flachdach sonst zu baulichen Schäden an dem Dach führen.
Der Aufbau des extensiven Gründachs in einzelnen Schichten
Damit eine extensive Dachbegrünung dauerhaft funktioniert und das Gebäude zuverlässig schützt, ist der korrekte Systemaufbau entscheidend. Der klassische Dachaufbau folgt einem bewährten Prinzip aus mehreren Schichten, wobei bei Schrägdächern ab einer gewissen Neigung zusätzliche Komponenten zur Sicherung hinzukommen.
Der Aufbau erfolgt von unten nach oben:
1. Die Wurzelschutzfolie
Diese Schicht liegt direkt auf der Dachabdichtung. Sie ist die wichtigste Barriere und verhindert, dass Pflanzenwurzeln in die Dachhaut eindringen und diese beschädigen. Bei modernen, bereits als wurzelfest deklarierten Dachbahnen (gemäß FLL-Richtlinien) kann auf eine separate Folie unter Umständen verzichtet werden. Sonst lohnt sich diese Verbindung von Wurzelschutzfolie mit zweiter Schutzlage aus Vlies.
2. Die Schutzlage
Über der Wurzelschutzfolie wird ein robustes Schutzvlies ausgelegt. Es dient als mechanischer Puffer und schützt die empfindliche Folie darunter vor Beschädigungen während des weiteren Aufbaus oder durch scharfkantige Teile der Dränageschicht.
3. Die Drainage- und Wasserspeicherschicht
Sie ist das technische Herzstück des Gründach-Aufbaus. Spezielle Drainageelemente – oft in Form von Noppenbahnen oder Matten – sorgen dafür, dass überschüssiges Regenwasser sicher abgeleitet wird, um schädliche Staunässe zu vermeiden. Gleichzeitig speichern die Vertiefungen in diesen Elementen einen Teil des Wassers als Zwischenspeicher.
Bei Schrägdächern ab ca. 15° Neigung muss der gesamte Aufbau zusätzlich gegen das Abrutschen (Schubkräfte) gesichert werden. Oft werden hierfür spezielle Schwellenhalter oder Tragsysteme auf der Dachfläche montiert, die die Lasten aufnehmen.
4. Das Filtervlies
Dieses Vlies wird über der Drainageschicht verlegt und trennt diese sauber von der Substratschicht. Es ist wasserdurchlässig, verhindert aber, dass feine Partikel aus dem Substrat in die Drainage gespült werden und diese mit der Zeit verstopfen. So bleibt die Funktionsfähigkeit des Systems langfristig erhalten.
5. Die Substratschicht
Das Substrat ist die eigentliche Wachstumsgrundlage für die Pflanzen. Hier kommt keine normale Gartenerde zum Einsatz, da diese zu schwer und nicht strukturstabil genug wäre. Extensivsubstrate bestehen aus leichten, mineralischen und organischen Komponenten. Die Höhe beträgt typischerweise nur 6 bis 15 cm.
Auf geneigten Flächen kommen zur Stabilisierung des Substrats häufig Georaster-Systeme zum Einsatz. Diese wabenartigen Gitter halten das Substrat sicher in Position.
6. Die Bepflanzung (Vegetationsschicht)
Die oberste Schicht bildet die Vegetation selbst. Die Bepflanzung erfolgt meist durch die Aussaat von Sprossenteilen oder die Verlegung von Vegetationsmatten. Typisch sind Mischungen aus Sedum-Arten, ergänzt durch Kräuter und Gräser.
Um auf Schrägdächern eine Anfangserosion durch Regen zu verhindern, ist die Verwendung von vorkultivierten Matten besonders geeignet. Alternativ kann die Aussaat durch Erosionsschutzgewebe (z.B. aus Jute) geschützt werden, bis die Pflanzen fest verwurzelt sind.
Wichtige Planungsdaten: Gewicht, Kosten und Pflege im Überblick
Vor der finalen Entscheidung für eine Dachbegrünung sind drei praktische Aspekte zentral: die Statik, die anfallenden Kosten und der spätere Aufwand für die Pflege.
Gewicht
Ein extensives Gründach bringt ein zusätzliches Gewicht von etwa 60 bis 170 kg/m² (im wassergesättigten Zustand) auf die Dachkonstruktion. Auch wenn es spezielle Leichtdach-Systeme gibt, ist es unerlässlich, die Statik des Daches vorab von einem Fachmann prüfen zu lassen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Traglastreserven ausreichen.
Kosten & Preise
Die Preise für eine extensive Begrünung variieren je nach Systemaufbauten, Dachgröße und Eigenleistungsanteil. Als grober Richtwert kann mit Kosten zwischen 30 und 80 Euro pro Quadratmeter gerechnet werden. Oftmals gibt es kommunale Förderprogramme, die diese Investition finanziell unterstützen.
Um ein genaues Bild der Kosten zu erhalten, kann ein Gartenbau- oder Dachdeckerbetrieb mit Spezialisierung auf Dachbegrünungen anhand der individuellen Daten einen Kostenvoranschlag erstellen.
Pflegeaufwand
Der Pflegeaufwand von Extensivbegrünungen ist gering, aber nicht bei null. Es wird empfohlen, ein- bis zweimal pro Jahr eine Wartung durchzuführen. Dabei werden unerwünschte Fremdgewächse (vor allem Baumsämlinge) entfernt, die Dachabläufe kontrolliert und bei Bedarf die Vegetation mit einem Langzeitdünger versorgt.
Fazit: Eine grüne Investition, die sich auszahlt
Ein extensives Gründach verwandelt eine passive Fläche in ein leistungsfähiges Ökosystem. Die Pluspunkte für Gebäude und Umwelt sind überzeugend: Es schützt vor Hitze, managt Regenwasser und verlängert die Haltbarkeit der Dachhaut. Gleichzeitig wird neuer Lebensraum für die Natur geschaffen.
Damit diese Vorteile sicher zum Tragen kommen, sind eine sorgfältige Planung und ein fachgerechter, auf die Statik abgestimmter Systemaufbau entscheidend. So wird die Begrünung zu einer durchdachten und zukunftsorientierten Aufwertung für nahezu jedes Gebäude.